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Feedback und Ratschläge sind wichtige Elemente einer jeden zwischenmenschlichen Beziehung. Es ist unmöglich sie aus unserem beruflichen und privaten Leben wegzudenken. Unterhältst du dich mit einem Freund über ein persönliches, wichtiges Thema und versuchst dabei, weder Feedback noch Ratschlag zu geben, wird es dir kaum gelingen. Du kannst sicherlich eine Zeitlang zuhören und gute Fragen stellen und damit deinem Gegenüber helfen, mehr Klarheit zu gewinnen oder sich verstanden zu fühlen. Schon nach einer Weile, wird sich dein Gegenüber wundern und sich fragen, warum du dich so zurückhältst. „Jetzt sag schon, was würdest du an meiner Stelle tun?“, fordert er deine Perspektive ein. Spätestens jetzt würdest du auf ihn eingehen und ihm geben, worum er bittet. Dich an dieser Stelle immer noch zurückzuhalten und zu sagen: „Ich denke, du weißt am besten, was getan werden kann.“, ist dennoch ein Feedback mit dem impliziten Ratschlag, erst einmal selbst nachzudenken.

Ratschlag und Feedback ist essenziell für professionelles Coaching

Feedback und Ratschläge zu vermeiden ist schwierig. Das Für und Wider von Ratschlag und Feedback im Coaching ist ein viel diskutiertes Thema. Es gibt Coaching Ansätze, die beides konsequent ablehnen, zum Beispiel das lösungsorientierte Coaching, das auf die Kurzzeittherapie von Steve DeShazers zurückgeht. Es heißt Ratschläge seien „Schläge“ für den Coachee. Tatsächlich können unsachgemäße Ratschläge und Feedback tatsächlich Schläge sein, den Kunden verwirren und das Coaching gefährden. Doch ein professioneller Coach gibt Feedback und auch mal Ratschläge, stets abgestimmt auf den Coachee. Damit kann der Coachee einen viel größeren Nutzen aus dem Coaching ziehen.

So natürlich und selbstverständlich Feedbacks und Ratschläge in jedem guten Gespräch sind, so teilen leider nicht alle Coaches diese Einschätzung für das Coaching. Das ist sowohl bedauerlich als auch verwunderlich. Coaching ist eine professionelle Partnerschaft zur Zielerreichung. Beide Beteiligten müssen sich für die anspruchsvollen Ziele einbringen. Umso unverständlicher ist, dass man als Coach auf Feedback und Ratschläge verzichten soll. Insbesondere wenn man bedenkt, dass das in einem ganz normalen Gespräch unter Freunden und Bekannten schon kaum möglich ist. Demnach lautet die Frage nicht, ob man Feedback und Ratschläge geben soll, sondern wie ein professioneller Coach dies tun sollte, damit der Klient davon optimal profitiert.

Gemeinsamkeiten zwischen Feedback und Ratschlag

Zunächst ist festzustellen, wie sehr das Feedback dem Ratschlag ähnelt. Ein Feedback ist die Rückmeldung einer Person, wie diese die andere Person sieht. Je nachdem, ob das Feedback auf eine Stärke oder auf eine Schwäche hinweist, kann es positiv oder negativ sein. Unabhängig davon, beinhaltet es immer die Sichtweise des Feedbackgebers. Der Feedbackgeber gibt zwar nicht direkt eine Handlungsempfehlung ab, jedoch anhand der positiven oder negativen Bewertung zumindest eine Richtung. So impliziert ein positives Feedback, wie ein Lob oder eine Anerkennung, mehr von dem Positiven zu tun bzw. zumindest so weiterzumachen. Umgekehrt schwingt bei einem negativen Feedback immer das Verständnis mit, das eigene Verhalten zu hinterfragen und etwas zu ändern. Somit enthält ein Feedback stets eine implizite Handlungsempfehlung bzw. einen Ratschlag.

Auf der anderen Seite steckt in einem direkten Ratschlag, wie: „Sie machen sich zu schnell verrückt. Haben Sie schonmal an Meditation gedacht?“, immer auch ein impliziertes Feedback. Denn ohne eine implizite Bewertung der aktuellen Situation ist es nicht möglich eine Handlungsempfehlung zu geben. In dem Beispiel, zu meditieren, ist beispielsweise das Feedback enthalten: „Sie machen sich zu viele Gedanken.“

Damit sind Feedback und Ratschlag recht nah verwandt. Beide enthalten eine Rückmeldung und eine Handlungsempfehlung. Der Unterschied bezieht sich lediglich darauf, was davon explizit bzw. implizit übermittelt wird.

Feedback = explizite Rückmeldung + implizite Handlungsempfehlung

Ratschlag = implizite Rückmeldung + explizite Handlungsempfehlung

Ausnahme hierbei ist das neutrale Feedback, welches lediglich aus der expliziten Rückmeldung ohne jegliche Handlungsempfehlung besteht und der neutrale Ratschlag, der analog nur aus der expliziten Handlungsempfehlung. Auch das neutrale Feedback ist für den Coach ein überaus wirkungsvolles Instrument. Dazu in einem weiterführenden Blogpost in Kürze mehr. Zunächst jedoch die Frage, was gutes und hilfreiches Feedback und Ratschläge ausmacht.

Hilfreiches Feedback

Feedback ist dann hilfreich, wenn es den Klienten dabei unterstützt das Coachingsziel zu erreichen. Ob das Ziel durch positives oder negatives Feedback erreicht wird, ist an sich irrelevant. Entscheidend ist, welche Art Feedback der Klient als hilfreich empfindet. Diesbezüglich gilt es folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • Hilfreiches Feedback berücksichtigt, wie weit der Klient dazu neigt sich selbst zu kritisieren oder zu loben: Ist der Klient schon sehr kritisch mit sich, braucht er vom Coach selten weitere Kritik. Negatives Feedback gibt er sich ohnehin. Ist der Klient sich hingegen seiner Leistungen bewusst, hat er sich damit implizit schon selbst gelobt. Ein positives Feedback seitens des Coachs würde beim Klienten Verwunderung auslösen. Der Coach würde ihn auf etwas hinweisen, dass er schon weiß.

  • Hilfreiches Feedback bezieht den Stand der Selbstreflexion des Klienten ein: Feedback weist den Klienten auf etwas hin, das dieser noch nicht weiß, das gleichzeitig relevant und das für den Klienten noch zu akzeptieren ist

  • Hilfreiches Feedback ist frei von persönlichen Anliegen des Coaches: Es beinhaltet keine persönlichen Interessen oder Moralvorstellungen des Coaches. Es gibt die Beobachtung des Coaches wieder und ist frei von dem Bedürfnis nach Zustimmung oder Anerkennung durch den Klienten. Hilfreiches Feedback weist den Klienten auf etwas hin, das ausschließlich in dem persönlichen Interesse des Klienten liegt.

  • Hilfreiches Feedback basiert auf Respekt und berücksichtigt den Vertrauensgrad im Coaching: Je höher das Vertrauen im Coaching, umso kritischer kann ein Feedback sein und umso weiter kann der Coach auch gehen hinsichtlich der Komfortzone des Klienten.

Hilfreiche Ratschläge

Die explizite Handlungsempfehlung des Ratschlags geht wesentlich weiter als die implizite eines Feedbacks. Dabei riskiert der Coach, wenn er einen Ratschlag verteilt, mehr als, wenn er sich auf ein Feedback beschränkt. Mit dem Ratschlag steht der Klient vor einer offenen Entscheidungssituation, ob er der Empfehlung folgen soll oder nicht. Da auch ein professioneller Coach stets nur eine subjektive Wahrnehmung von seinem Klienten hat, kann sein Ratschlag beim Klienten auf eine Ablehnung stoßen. Damit sollte der Coach umzugehen wissen. Wenn nicht und der Coach fühlt sich zurückgesetzt, etwa in seiner Erfahrung missbilligt, leidet das Vertrauen und der Respekt und damit die Qualität des Coachings.

Insbesondere für Coaches kann das eine Gefahr sein, die aus einer Profession kommen, in der die Qualität eines Ratschlags unter anderen darin bemessen wird, ob der Kunde ihm folgt, wie zum Beispiel in der Consulting-Branche. Gerade in der Unternehmensberatung besteht die Aufgabe, Kunden Lösungen und Handlungsempfehlungen für ihre Probleme zu liefern. Beratung und Training beruhen auf einen Wissensvorsprung und lassen ihre Kunden daran teilhaben. Lehnt ein Kunde den Ratschlag ab, so wertet er damit gleichzeitig den Expertenstatus des Ratschlaggebers ab.

Als Coach sind Ratschläge jedoch keine Expertenmeinung, sondern sind eher als Anregungen für weiteres Nachdenken zu betrachten. So zeichnet sich ein hilfreicher Ratschlag dadurch aus, dass der Klient daraus die optimalen Rückschlüsse für sich zieht. Ob der Klient den Ratschlag annimmt, abändert oder verwirft, ein professioneller Coach akzeptiert es gleichermaßen. Zusammengefasst sind hilfreiche Ratschläge solche, die:

  • ohne negative Konsequenzen vom Klienten abgelehnt werden können
  • ohne positive Gefühle vom Coach angenommen werden können
  • den Klienten zum Nachdenken anregen
  • den Klienten auf etwas hinweisen, was dieser noch gar nicht in sein Denken miteinbezogen hat.

Alternative Ratschläge

Am häufigsten sind Ratschläge, welche dem Klienten eine spezifische Handlung empfehlen, welche eine zielführendere Alternative als das bisherige Verhalten darstellt. Alternativ dazu gibt es weitere Möglichkeiten, dem Coachee weiterzuhelfen, beispielsweise:

  • Eine spezifische Textstelle, einen Fachartikel oder ein Buch empfehlen, welches die Thematik des Kunden beschreibt.
  • Eine Übung vorschlagen, um ein bestimmtes Verhalten zu festigen.
  • Eine Anleitung zur Selbstbeobachtung zur Steigerung der Selbstreflexion. Dafür kann der Coach seinem Klienten ein paar Fragen an die Hand geben, die er einmal täglich schriftlich beantwortet.

Welche Methodik letzten Endes gewählt wird, Ratschlag und Feedback sind äußerst wertvolle Instrumente, um den Coachee näher an sein gewünschtes Ziel zu bringen. Die Frage sollte deshalb nicht lauten ob sie eingesetzt werden, sondern inwiefern diese Elemente eingesetzt werden sollten.

Quelle: Schulte, Thomas: Der Weg zum professionellen Coach. Basel, 2013.

Vertrauen zwischen Coach und Coachee – Verstehen, Aufbauen und Gewinnen

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Erfolgreiches Coaching lebt von Vertrauen. Vertrauen ist fragil und es aufzubauen komplex. Zu verstehen aus welchen Komponenten Vertrauen zusammengesetzt ist, hilft zu verstehen wie man gezielt sein Vertrauen hinsichtlich für die Coachees aufbaut. Damit wird nicht nur der Umsatz und die Anzahl der Coachingsessions erhöht, eine erhöhte Vertrauensbasis sorgt für qualitatives Coaching. Denn hierbei gilt "Vertrauen ist Gold, Kontrolle ist Gift".

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